Warum verlassen Menschen ihre geliebte Heimat und ihre Familen?
Hier das Ergebnis einer Befragung der Süddeutschen Zeitung von Flüchtlingen in Syrien:
"Zu den unmittelbaren Gefahren zählen 92 Prozent den bewaffneten Konflikt in Syrien, 86 Prozent die Angst vor Verhaftung und Entführung und 73 Prozent sehr konkret die Gefahr, von Assads Fassbomben getötet zu werden. Noch im Februar hatte Assad den Einsatz von Fassbomben in einem Interview mit der BBC bestritten.
Andere Gründe spielen kaum eine Rolle für die Flucht. Ökonomische Gründe geben lediglich 13 Prozent an. Acht Prozent sagen, sie hätten sich mit der Flucht einer drohenden Rekrutierung entzogen. Sechs Prozent fliehen nach Deutschland, weil Teile ihrer Familien schon da sind."
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/umfrage-unter-syrischen-fluechtlingen-sie-fliehen-wegen-der-fassbomben-1.2681748
Hier meine Gedankenschnipsel und Emotionen, zusammengefasst in wiedergefundene Worte, die mir manchmal einfach fehlten, wenn ich Sätze hörte, wie:
Wie kann man nur?
Es gibt bestimmt 127 Gründe dafür, aber einige wenige zur selben Zeit, ohne Hoffnung auf Besserung reichen doch aus.
Durch diesen Kriege entstehen: Elend und Armut, Unterdrückung, Folter, Hunger, Krankheit, das Wegsterben oder die Flucht von Verwandten und Freunden. Sicherheit ist nur ein wichtiges Grundbedürfnis, dass hier aber schon lange nicht mehr erfüllt ist.
Was letztendlich entscheidend ist, ist HOFFNUNGSLOSIGKEIT und ANGST, die diese Menschen aus ihrer Heimat vertreibt. Flucht ist immer ein letzter Ausweg!
Sie greifen nach Strohhalmen, glauben an falsche Versprechungen und Gerüchten, die eine Folge sind von fehlenden Informationen durch Nachrichtensperren, Abschaltungen oder Zusammenbruch des Internets und staatlicher Medienzensur.
Sie können ihre Familien nicht mehr versorgen, sind verschuldet, gebeutelt durch staatliche Korruption, fehlender legaler Arbeitsmöglichkeiten, fehlender Bildung für Kinder- dadurch wird Kinderarbeit erst möglich, genauso, wie die Zwangsheirat für Mädchen, damit diese überhaupt versorgt werden und 12 jährige Jungs werden als bewaffnete "Soldaten" zwangsrekrutiert.
Der moralische Zeigefinger
Deutsche Bürger, deren Leben noch nie wirklich bedroht war, BEWERTEN das Handeln fremder Menschen, die mit ansehen müssen, wie Ihr Haus von Raketen zertört wurde, oder Assad's Fassbomben auf dem Marktplatz in der syrischen Heimat Kinder zerfetzen!
Dabei kann doch KEINER, der es nicht selbst erlebt hat, jemals wirklich nachvollziehen, WARUM ein anderer so gehandelt hat, wie er es hat und doch tun es fast alle in Deutschland.
Menschen maßen sich an, beurteilen zu können, wie sie selbst reagiert hätten in solchen Situationen, was aber völlig sinnfrei ist, da sie noch nie in einer vergleichbaren Situation waren. Sie stellen sich damit moralisch über kriegsgebeutelte, fliehende Menschen, die nur überleben wollen und in dessen Haut sie bestimmt auch nie wirklich stecken möchten, was aber notwendig wäre, um das auch nur ansatzweise zu verstehen.
Ich meine damit nicht nur die rechtsradikale Brut! Es sind leider oft auch diejenigen, die sich einfach nur zu oberflächlich mit Themen befassen, die sie selbst nicht betreffen und diejenigen, die emotional unterbelichtet sind, aber dafür mit Doppelmoral außerordentlich glänzen. Menschen, wie “Herr Meyer” von nebenan.
Herr Meyer sitzt bei gemütlichen 20 Grad C in seinem Ikea-Sessel und sieht in den Nachrichten, dass Familienväter alleine flüchten oder Mütter ihre kleinen Kinder über die Grenze schicken, schüttelt empört den Kopf und behauptet, dass er sowas selbst NIE machen würde! Dann holt er sich ein Beck's aus dem Kühlschrank und schaltet um zum Dschungelcamp!
In diesem Sinne wünsche ich mir weniger moralische Bewertungen über das Handeln anderer Menschen und viel mehr empathisches Zuhören, wenn jemand etwas über sich erzählt, denn das bereichert einen selbst mehr als man denkt!
Angeregt zu diesem Artikel hat mich unter anderem und letztendlich ein Video, das uns eine Leserin per Nachricht zukommen lies, vielen Dank dafür an Anja M.
- Kirstin Oestmann-